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UK Million Women Study: Keine Hinweise auf erhöhtes Hirntumor-Risiko durch Mobilfunk

2. August 2022
Mediziner am Schreibtisch
  • Eine große britische Krebsstudie berücksichtigt auch Mobilfunknutzung und weist kein erhöhtes Risiko für Hirntumore durch Mobiltelefone aus
  • Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erläutert in unserer neuesten Podcast-Folge die Ergebnisse der Studie und den Forschungsstand insgesamt
  • Wer seine persönliche elektromagnetische Exposition so weit wie möglich senken will, dem empfiehlt Prof. Berlit die Nutzung eines Headsets

Die Verbreitung von mobiler Kommunikation hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen. Nahezu alle Menschen jeglichen Alters haben ein Smartphone und nutzen dieses zum Surfen und zum Telefonieren. Da Mobiltelefone anders als andere elektronische Geräte in Kopfnähe verwendet werden, stellte sich schon vor Jahren die Frage zu möglichen Gesundheitsrisiken, insbesondere ob elektromagnetische Felder Hirntumore begünstigen können.

Dieser Frage ist unter anderem eine große britische Studie nachgegangen – die „UK Million Women Study“ Ihre Ergebnisse wurden vor kurzem veröffentlicht – und sie konnten keinen Anhaltspunkt für ein höheres Hirntumor-Risiko durch die Nutzung von Mobiltelefonen liefern.

Wir sprachen mit Professor Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Er hat sich mit den Ergebnissen der Studie aus dem Vereinigten Königreich und mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zur darin untersuchten Thematik eingehend befasst.

Wie Prof. Berlit erklärt, wurde die britische Studie zunächst zur Untersuchung des Brustkrebs-Risikos bei Frauen entwickelt. Zu diesem Zweck wurde seit 1996 in England und Schottland jede vierte Frau, die zwischen 1935 und 1950 geboren wurde, in insgesamt 66 Screening-Zentren des National Health Service erfasst. Das Ziel war, mögliche Risiken für Brustkrebs zu identifizieren – aber es wurden auch andere Faktoren etwa im Hinblick auf den Lebensstil registriert.

Im Jahr 2001 wurde dabei erstmals auch nach der Nutzung von Mobiltelefonen gefragt. Von den rund 780.000 Frauen, die zu diesem Zeitpunkt an der Studie teilgenommen hatten, erkrankten in den darauffolgenden 14 Jahren rund 3000 an einem Hirntumor. Beim Abgleich der Angabe, ob die betroffenen Frauen ein Mobiltelefon benutzt hatten oder nicht, zeigte sich, dass diese Faktor keinen Einfluss auf das Auftreten von bösartigen oder gutartigen Hirntumoren hatte.

Die Studien sind belastbar und weisen auf kein erhöhtes Risiko hin

Prof. Berlit weist darauf hin, dass die Studie aufgrund ihrer Auslegung natürlich nur Frauen berücksichtigt. Insofern erlaubt sie zunächst keine Rückschlüsse auf die Risiken für Männer. Allerdings haben frühere Studien über Hirntumor-Risken gezeigt, dass Frauen eher häufiger als Männer betroffen waren. „Man kann das Ergebnis somit schon als valide bezeichnen“, so Prof. Berlit, „– zumal es ja um sehr große Teilnehmerzahlen geht.“

Welche Wirkungen elektromagnetischer Wellen auf den Körper sind grundsätzlich bekannt? „Nach allem, was wir wissen, findet eine Veränderung der DNA nicht statt“, erklärt Prof. Berlit. Wohl aber komme es bei längerer Nutzung eines Mobiltelefons nahe am Körper zu einer Erwärmung der entsprechenden Körperregion. Nachdem die International Agency for Research of Cancer (IARC, Internationale Agentur für Krebsforschung) im Jahr 2011 die Nutzung von Mobiltelefonen in die Gruppe 2B („Möglicherweise krebserzeugend für den Menschen“) eingeordnet hatte, wurden viele weitere Studien und Untersuchungen durchgeführt. Nach Einschätzung von Prof. Berlit haben auch sie keine Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko für Menschen durch die Nutzung von Mobilfunk ergeben. Tierversuche mit Ganzkörper-Emissionen etwa auf Mäuse, bei denen es eine Erhöhung von Tumorbildungen zu geben scheint, sind nach Einschätzung von Prof. Berlit nicht auf den Menschen übertragbar. Denn bei der Mobilfunknutzung werden wesentlich geringere Feldstärken eingesetzt, und die elektromagnetischen Emissionen wirken auch nicht auf den gesamten menschlichen Körper ein. Auch die von statistischen Daten aus Dänemark und Schweden aufgeworfene Frage, ob nahe am Kopf gesendete Mobilfunksignale das Risiko von Hirntumoren erhöhen könnten, habe sich zum Glück durch die UK Million Women Study nicht bestätigt.

Aktuell auch Entwarnung bei Langzeitnutzung

„Es spricht alles dafür, dass je niedriger die Emissionen sind, umso geringer auch das potenzielle Risiko ist“, fasst Prof. Berlit den aktuellen Forschungsstand zusammen.

„Wir haben aus der UK Million Women Study Daten zur Mobilfunknutzung über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Frühere, kleinere Studien haben sogar Zeiträume bis 25 Jahre betrachtet.“ Für Langzeiterkenntnisse gäbe es also eine recht solide Basis, auch wenn man Auswertungen über noch längere Zeiträume natürlich noch abwarten müsse. Auch dies untersuchen weitere große Studien zu gesundheitlichen Fragen in Verbindung mit Handynutzung – mit weiteren Ergebnissen sei Ende 2022 oder Mitte 2023 zu rechnen.

Wer seine persönliche Exposition durch elektromagnetische Wellen so weit wie möglich reduzieren will, dem empfiehlt Prof. Berlit die Nutzung eines Headsets statt das Mobiltelefon direkt ans Ohr zu halten. Zudem empfehle er, das Smartphone auch einfach mal zur Seite zu legen – nicht zuletzt auch aus psychologischen „Hygiene“-Gründen.

Veröffentlicht am 02.08.2022

Auf allen wichtigen Podcast-Plattformen vertreten

Das rund 12-minütige Gespräch mit Prof. Berlit haben wir in der neuesten Folge unseres Podcasts MobilfunkTalk veröffentlicht. Sie finden ihn auf allen einschlägigen Podcast-Plattformen.

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