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Studie zur Risikowahrnehmung bei 5G in der Schweiz

22. Oktober 2021
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Eine aktuelle Studie der Universität Basel mit knapp 3000 Teilnehmenden hat jetzt erforscht, wie die Risikowahrnehmung in der Schweizer Bevölkerung im Hinblick auf den 5G-Mobilfunkstandard ist. Gleichzeitig wurde untersucht, wie stabil die Einstellungen sind und inwiefern sachliche Informationen die Haltung verändern. Ziel der Studie war, ein besseres Verständnis der auseinandergehenden Wahrnehmungen von verschiedenen Personengruppen zu erreichen. Der Psychologe Dr. Renato Frey hat systematisch untersucht, wie groß die Unterschiede bei der Risikowahrnehmung bezüglich 5G sind, wie diese möglicherweise zustande kommen und was einen Wandel der Risikowahrnehmung auslösen kann.

Vertrauen in die Behörden als wichtiger Faktor

Wie ein Risiko wahrgenommen wird hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Während ein Teil der Befragten hauptsächlich den potentiellen Nutzen von 5G sieht, nehmen andere hauptsächlich Risiken wahr. Frey analysierte in der Studie insbesondere, welche Faktoren mit Unterschieden in der Risikowahrnehmung zwischen verschiedenen Personen zusammenhängen. Dabei berücksichtigte er zum einen technologiespezifische Faktoren, darunter die subjektive Wahrnehmung einer Bedrohung, das Vertrauen in die Behörden, die 5G regulieren, sowie das eigene Wissen über die Technologie. Zum anderen untersuchte er personenspezifische Faktoren wie die Offenheit einer Person gegenüber Fortschritt, das subjektive Empfinden einer elektromagnetischen Hypersensitivität sowie soziodemographische Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildung. In der psychologischen Modellierung zeigte sich der stärkste Zusammenhang beim Vertrauen in die Behörden: Je geringer dieses ausfällt, desto wahrscheinlicher stuft eine Person das Risiko von 5G als hoch ein. Ebenfalls bedeutend ist das subjektive Empfinden einer Bedrohung beziehungsweise das Gefühl, hilflos der 5G-Strahlung ausgesetzt zu sein und sich ihr nicht entziehen zu können.

Große Unterschiede in der Einschätzung von Nutzen und Risiko

In der Schweiz gibt es große Unterschiede in der Risikoeinschätzung von 5G. Eine Mehrheit von knapp zwei Dritteln verbindet mit der Technologie ein mittleres bis hohes Risiko. Zudem sah ein ebenso großer Anteil der Befragten nur einen geringen bis gar keinen persönlichen Nutzen in der neuen Mobilfunktechnologie. Auf der anderen Seite bewerteten 61 Prozent den Nutzen für die Gesellschaft und 76 Prozent den Nutzen für die Wirtschaft als hoch. Eine deutliche Mehrheit sah einen Bedarf für mehr Regulierung (74 Prozent) und mehr Forschung (90 Prozent).

Verändern Fakten die Risikowahrnehmung?

In einer zweiten Erhebung im Februar 2020 hat Frey erneut Daten von denselben Studienteilnehmenden erhoben, um zu untersuchen, wie stabil die Risikoeinschätzung bezüglich 5G über die Zeit hinweg war. Die Studienteilnehmenden wurden zufällig in vier Gruppen eingeteilt, die vor der zweiten Erhebung entweder per Post Informationsmaterial aus einem wissenschaftlichen  Expertenbericht erhielten (teils als mehrseitige Zusammenfassung, teils als einseitige Kurzversion), beziehungsweise kein entsprechendes Material erhielten. Dieses Feldexperiment zeigte, dass diese Form der Aufklärung über die empirischen Fakten im Hinblick auf die Risikowahrnehmung nicht effizient ist.

Die aktuelle Studie bestätigt nationalen Unterschiede, die schon eine im April 2021 veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Management- und Technologieberatung BearingPoint herausfand: In der Schweiz schätzen 39 Prozent der Befragten „den Einfluss von 5G auf die Gesundheit negativ oder sehr negativ ein“. In Österreich beträgt dieser Anteil 33 Prozent der Befragten, in Deutschland hingegen lediglich 18 Prozent. Einer der Gründe dafür: die in der Schweiz geltenden Anlagegrenzwerte werden oftmals nicht als zusätzliche Vorsorge wahrgenommen, sondern von vielen Bürgern als Schwelle zu gesundheitlichen Schäden missverstanden. Eine frühere Studie hat herausgefunden, dass wenn Mobilfunkbetreiber die Anlagegrenzwerte ausschöpfen der Eindruck entsteht, als ob es dann keine „Sicherheitsmarge“ mehr gäbe. Bedenken werden dadurch eher verstärkt als gemildert.(1)

 

(1) Wiedemann, P.M., Thalmann, A.T., Grutsch, M.A., Schütz, H. (2006) The impacts of precautionary measures and the disclosure of scientific uncertainty on EMF risk perception and trust, in: Journal of Risk Research, 9, 4, 361-372.

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