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Schubladenhandys: Smartphone-Material für über zehn Jahre

23. Januar 2023

Fast jeder hat ein altes und ausrangiertes Smartphone in der Schublade liegen. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass die darin enthaltenen Materialien rechnerisch ausreichen würden, um den Rohstoffbedarf aller neuen Smartphones der kommenden zehn Jahre zu decken. Die Rückführungs- und Recyclingprozesse müssten, so die Studie, noch effizienter werden, um das Potenzial auszuschöpfen.

In dem Bericht mit dem Titel „Urban Mining für eine zirkuläre Wirtschaft. Wie hoch sind die Rohstoffpotenziale durch Urban Mining?“ wird das Potenzial konkret aufgezeigt. Am Beispiel der sogenannten „Schubladenhandys“ verdeutlichen die Autorinnen, welche Möglichkeiten Deutschland hat, Materialien, die bereits im Kreislauf sind und nicht mehr genutzt werden, wiederzuverwenden.

Schubladenhandys als Rohstoffquelle nutzen

Seltene Rohstoffe wie Gold, Palladium oder Platin schlummern nicht nur tief im Boden, sondern oftmals auch in der eigenen Wohnung. Rechnerisch zeigt sich, dass der Gesamtmetallwert der ungenutzten Handys in Deutschland bei rund 240 Millionen Euro liegt. Gleichzeitig entspricht der Materialwert der im Jahr 2021 verkauften Smartphones in Deutschland 23,5 Millionen Euro. In den Geräten sind eine Vielzahl an wertvollen Rohstoffen enthalten. Es werden aktuell im Recycling die fünf wertvollsten Rohstoffe wiedergewonnen, diese bilden allerdings schon fast den gesamten Materialwert ab: dies sind Gold, Silber, Kupfer, Platin und Palladium.

Mit Standard-Recyclingprozessen werden Gold, Kupfer, Palladium, Platin und Silber, oft auch Nickel wiedergewonnen, teils mit sehr hohen Ausbeuten von über 90 Prozent. Mit diesen Metallen werden bereits über 85 % des gesamten Metallwertes eines Smartphones zurückgewonnen. [1]

In einer theoretischen Rechnung kann die urbane Mine der Schubladenhandys den Materialbedarf für neue Smartphones für über 10 Jahre decken. Allerdings sieht die Realität anders aus, da bei weitem nicht alle Schubladenhandys dem Recycling zugeführt werden und außerdem nicht komplett recycelbar sind.

210 Millionen ausrangierte Handys

Alte Elektrogeräte enthalten wertvolle Rohstoffe, die auf dem Weltmarkt in Zeiten von Lieferschwierigkeiten und Konflikten nicht einfach zu bekommen sind. Werden Rohstoffe und Materialien aus Altgeräten oder das Gerät selbst aufbereitet und wiederverwendet, spricht man von Kreislaufwirtschaft. In deutschen Haushalten lagen 2022 laut Bitkom circa 210 Millionen Schubladenhandys, 87 Prozent der Bürger haben mindestens ein ausrangiertes Handy. [2] In den vergangenen zwölf Monaten haben sich insgesamt 17 Prozent der Deutschen von einem Handy oder Smartphone getrennt: Mehrheitlich gehen die Geräte an die Händler oder an eine vom Händler angegebene Sammelstelle zurück (58 Prozent). Ein Drittel derjenigen, die ein Handy oder Smartphones entsorgt haben, hat es verkauft (34 Prozent) und die anderen haben es verschenkt.

Kreislaufwirtschaft bietet enormes Potential

Die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft weist auf die Bedeutung von Kreisläufen hin, in denen der gesamte Lebenszyklus einer Ressource – von der Bereitstellung über ihre Nutzung bis hin zur wiedergewinnenden Nachsorge (Kreislaufwirtschaft) – betrachtet wird. Urban Mining wird in diesem Zusammenhang als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft gesehen, indem es zusätzliche Rohstoffquellen aufzeigt. Das vorhandene Materiallager bietet ein enormes Potenzial, Rohstoffe, die bereits abgebaut wurden, weiterzuverwenden und im Kreislauf zu halten

Urban Mining schont die Umwelt

Dass die Kreislaufwirtschaft in Zukunft immer wichtiger wird, zeigen drei globale Trends: Erstens wächst der Bedarf nach Rohstoffen mit der Weltbevölkerung. Insbesondere der steigende Konsum von Elektrogeräten ist ein Problem. Zweitens liegen ausrangierte Geräte oft in Schubladen und Kellern herum, das führt dazu, dass Rohstoffe knapper und teurer werden. Ein drittes Problem: Mit dem höheren Konsum steigen auch die Abfallmengen. Urban Mining, also die Gewinnung und Nutzung der Rohstoffe aus Altgeräten, schützt daher langfristig nicht nur die Umwelt, es ist auch ein Beitrag um die Abhängigkeit der Wirtschaft von Exportländern wie China zu verringern.  

Recycling-Prozesse müssen effizienter werden

Insbesondere die Mengen an Elektroschrott nehmen sowohl weltweit als auch in Deutschland zu. Gleichzeitig ist der Edelmetallgehalt der Leiterplatten im Zeitraum zwischen 2012 und 2017 erheblich gesunken (40 Prozent bei Gold, 30 Prozent bei Palladium und 70 Prozent bei Silber) bei gleichzeitiger Steigerung der Leistung. [3] Die Folge ist ein sinkender Materialwert pro Einheit und damit eine Reduzierung der Rentabilität eines späteren Recyclings. Der reine Metallwert eines alten Handys liegt bei 1,15 Euro, die Kleinteiligkeit der Geräte erschwert das Recycling ebenfalls.

Urban Mining kann daher als ein Teilaspekt einer Kreislaufwirtschaft betrachtet werden, in der es weitere Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer, Ermöglichung und Schaffung von Kreisläufen, wie unter anderem Refurbishing [4], gibt. Diese Strategien müssen vorrangig zu einem Recycling umgesetzt werden, um gesamtwirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ein wichtiger erster Schritt wäre aber, dass Verbraucher*innen ihre ungenutzten Altgeräte aus der Schublade holen und zum Recycling bringen.

[1] https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Commodity_Top_News/Rohstoffwirtschaft/65_smartphones.html?nn=4765688

[2] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Smartphones-Tablets-Laptops-300-Mio-Alt-Geraete-deutschen-Haushalten

[3] https://www.researchgate.net/profile/Britta-Bookhagen/publication/343893250_Metallic_Resources_in_Smartphones/links/63a1ffc941663a23c07141e6/Metallic-Resources-in-Smartphones.pdf

[4] https://www.informationszentrum-mobilfunk.de/artikel/trend-zum-gebrauchten-smartphone-was-ist-dabei-zu-beachten

Zur Studie

Mehr Fakten zum Thema Recycling

Factsheet „Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bei Mobiltelefonen“:

Wo kann ich mein altes Smartphone abgeben?

Die Deutsche Telekom betreibt in Kooperation mit dem Recycling-Anbieter Teqcycle das handysammelcenter.de

Telefónica Deutschland (o2) kooperiert bei der Rücknahme mit dem NABU (Naturschutzbund Deutschland). Alle Infos dazu finden Sie hier

Vodafone Deutschland betreibt ein Altgeräte-Recycling-Programm mit dem Partner ALBA Electronics Recycling. Nähere Infos gibt es hier

1&1 gibt Hinweise zu Annahmestellen sowie seinem Rücknahmeprozess hier

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Rücknahmeprogramme beispielsweise von den Smartphone-Herstellern, dem Fachhandel, von Recycling-Unternehmen oder Altgeräte-Ankaufplattformen

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