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Blockchain – Anwendungen und Ausblick

11. April 2022
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Häufig wird das Thema Blockchain auf Kryptowährungen wie Bitcoin reduziert. Doch das ist nur eine – wenn auch in der öffentlichen Wahrnehmung sehr präsente – Anwendung dieser Technologie. Dabei stehen einige Kryptowährungen, vor allem der Bitcoin, aus mehreren Gründen in der Kritik. Die beiden Wesentlichen: Ihre Erzeugung ist mit einem sehr hohen Energieverbrauch verbunden. Und die Möglichkeit weitgehend anonymer Transaktionen führte zu einem Boom der virtuellen Währung im Kontext krimineller Aktivitäten wie beispielsweise Geschäften im „Darknet“ oder den Bezahlungsforderungen durch Erpressungs-Software. Das EU-Parlament will deshalb aktuell die Regeln für Krypto-Transaktionen massiv verschärfen.

All dies lässt jedoch aus dem Blick verlieren, dass Blockchain-Anwendungen ein großes Potenzial bieten, die Digitalisierung in vielen Bereichen voranzubringen – gerade auch im Hinblick auf mobile Anwendungen. Wir hatten ihre Grundlagen hier ereits vorgestellt – und schon seinerzeit darauf hingewiesen, dass Experten diese Technologie sogar mit der transformativen Wirkung des Internet vergleichen.

Doch seither hat sich vor allem im Bereich Blockchain-basierter Anwendungen viel getan. Dies ist dem Potential dieser Technologie zu verdanken, vertrauensabhängige Systeme zu verändern und zu digitalisieren. Im Mittelpunkt steht dabei, dass zwei Nutzer, die sich nicht kennen und daher nicht von vornherein vertrauen, Transaktionen dezentral und für beide Seiten sicher durchführen können. Die Anwendungen umfassen jede Art von Wertübertragungen, intelligente Verträge, Aufzeichnungen, die nachträglich nicht mehr veränderbar sein dürfen, wie Urkunden oder Grundbucheinträge und vieles mehr.

Dabei werden immer Daten übertragen – und dies findet wiederum bei einer großen Zahl von Blockchain-Anwendungen über Mobilfunknetze statt. Dies gilt sowohl für Transaktionen, die von Menschen verursacht werden, wie Kauf- oder Auflage-Vorgänge oder Aktualisierungen von Daten zu laufenden Geschäftsbeziehungen oder allgemein bei der Nutzung von Blockchain-basierten Anwendungen. Es gilt aber insbesondere auch für den boomenden Bereich IoT – also das Internet of Things, das Internet der Dinge. Es liefert Nutzungs- und Verbrauchsdaten jedweder Art an Blockchains, aber zum Beispiel auch konstante Informationen über Rahmenbedingungen wie von Sensoren erfasste Wetteraufzeichnungen.

Dreiklang: Blockchain, IoT und Mobilfunk

Somit gibt es einen regelrechten Dreiklang zwischen der Blockchain-Technologie, dem Internet der Dinge und der Datenkommunikation über Mobilfunk: Je mehr sich das Internet of Things etabliert, desto mehr dezentrale Netze werden benötigt. Zusätzlich wachsen die Anforderungen an Übertragungsgeschwindigkeit und Reaktionszeiten. Der Datenfluss muss konstant möglich sein – ob ein direkt mit der Versicherung verbundenes Auto, automatische Gesundheitschecks über Armbänder oder Automaten, die ihren Füllstand melden.

Gerade in den nun schnell entstehenden 5G-Netzen steht neben der Kommunikation zwischen Menschen auch der Datenaustausch zwischen Milliarden von Maschinen im Fokus. 5G ermöglicht ihn mit höherer Geschwindigkeit, schnelleren Reaktionszeiten, höherer Zuverlässigkeit und geringerem Energieverbrauch als etwa der 4G-Standard. Davon profitieren vor allem Technologie-Anwendungen, die auf die Interkonnektivität zwischen Endgeräten aufsetzen.

Hier einige Beispiele für Blockchain-Anwendungen, um die Breite der Einsatzmöglichkeiten zu illustrieren:

Tokenisierung und Smart Contracts

Derzeit wird viel über die sogenannte Tokenisierung gesprochen. Darunter versteht man die Umwandlung eines materiellen oder immateriellen Vermögenswerts in einen digitalen Token, der anschließend vom Inhaber über die Blockchain gehalten, verwendet oder übertragen werden kann. Dadurch entfällt die Notwendigkeit von Verwahrstellen und von analogen Eigentumsnachweisen. Dies ist bei realen und virtuellen Vermögenswerten wie Immobilien oder Edelmetallen möglich. Dabei wird der Vermögenswert selbst in keiner Weise verändert, sondern nur die Art und Weise, wie dessen Eigentum verwaltet wird. Die Blockchain kontrolliert die transparente und unveränderliche Geschichte der Eigentumsrechte und überträgt sie zwischen Käufern und Verkäufern. Mit zunehmender Verbreitung könnte die Tokenisierung des Aktienhandels ab 2030 zu jährlichen Kosteneinsparungen von 4,6 Mrd. EUR führen, so eine aktuelle Studie von Roland Berger und Keyrock.

Auch sogenannte Smart Contracts basieren auf der Blockchain. Dabei handelt es sich um digitale, intelligente Verträge, die bei definierten Eingangssignalen beziehungsweise Rahmenbedingungen automatisch Transaktionen veranlassen. Versicherungen können ihre Angebote und Leistungen damit ein Stück weit automatisieren und sich gleichzeitig gegen unberechtigte Schadenersatzansprüche schützen. Sharing-Modelle wie etwa beim Car-Sharing können die Nutzungs-Dokumentation und Abrechnung mithilfe von Smart Contracts digitalisieren.

Blockchains gegen Fälschungen

Die Blockchain-Technologie findet auch im Kunsthandel, im Bereich Luxusgüter (Uhren, Schmuck und Handtaschen) und bei anderen wertvollen Waren wie etwa teuren Sportwagen Anwendung. Dort sind Fälschungssicherheit und der lückenlose Herkunftsnachweis ein großes Thema. Die durch die Blockchain-Technologie gewonnene Transparenz hilft, Betrug aufzudecken und einzudämmen. Mit den sogenannten Non-fungible Tokens (NFT) ermöglicht es die Blockchain-Technologie sogar, „digitale Unikate“ zu realisieren. Die Technologie kennzeichnet ein Original im Unterschied zu digitalen Kopien – so können Computergrafiken oder Audio-Aufnahmen zu Sammelobjekten werden, was ganz neue Möglichkeiten im Kunst- und Medienmarkt eröffnet.

Industrie 4.0 mit digitalem Zwilling

Bei sogenannten digitalen Zwillingen werden die Daten von physischen Produkten, wie Maschinen, Werkzeugen oder auch Komponenten in der digitalen Welt abgebildet. Ein Digitaler Zwilling ist somit das digitale Datenabbild eines physischen Produktes und erlaubt dabei digitale Simulationen, Steuerung und Überwachung. Die Daten eines Digitalen Zwillings sollen dabei unternehmens- und sogar branchenübergreifend teilbar sein. Das können Daten zum Hersteller, zur Form und Größe, dem Material, Anzahl der Maschinenstunden, Bilder, Wartungsnachweise oder auch Beschaffenheit des Produktes sein. Oftmals sind die verschiedenen Daten in den unterschiedlichen Systemen der Fachabteilungen (CAD, ERP, Finanzen, etc.) von Zulieferern und Eigentümern gespeichert. Eine Analyse dieser Daten kostet viel Zeit und Ressourcen. Diese Intransparenz erschwert die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit.

Wenn produktspezifische Daten unternehmensübergreifend geteilt werden, sind Produktivitätssteigerungen möglich. Die Zukunft liegt in der gemeinsamen und effizienten Nutzung der Daten, was neue und wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle fördert. Zur Umsetzung eines Digitalen Zwillings ist ein sowohl über Mobilfunk als auch über Festnetze gesicherter Datenaustausch über den gesamten Produkt-Lebenszyklus eine wesentliche Grundlage. Blockchain-Technologie kann hier die Unverfälschtheit der Daten sicherstellen oder den genauen Weg digitaler Transaktionen fälschungssicher protokollieren.

In der öffentlichen Verwaltung

Ein OECD-Papier mit dem Titel: „Unchained Blockchain Technology and its use in the public sector“ beschreibt die möglichen Potenziale für die öffentliche Verwaltung. In dem Papier werden eine Reihe von potenziellen Anwendungsfeldern skizziert. Diese reichen von einem dezentralen Identitäts-Management über persönlich gemanagte Datenhaltung im Gesundheits-, Versicherungs- und Finanzsektor über dezentrale Energie auf der Basis von Nachbarschaftsstrom-Handelslösungen bis zu neuen Wahl- und Abstimmungs-Verfahren.

Konkret geht es für Bürger und Unternehmen im täglichen Leben oft darum, nachzuweisen, dass sie im Besitz von Rechten sind. So ist bei einem Hausverkauf über einen Eintrag im Grundbesitzregister nachzuweisen, dass der Verkäufer tatsächlich im Besitz des Grundstücks ist. Der Verkauf eines Kfz setzt voraus, dass der Verkäufer sich im Besitz des Fahrzeuges befindet. Mithilfe der Geburtsurkunde wird amtlich die Geburt des Kindes bescheinigt. Eine wesentliche Aufgabe des Staates ist es, diese unterschiedlichen Rechte in Registern zu führen und zu speichern und nachzuhalten, wenn sich diese Rechte verändern. Die Zuordnung der Rechte muss eindeutig sein. Mithilfe der Blockchain ließe sich das Bescheinigungswesen des öffentlichen Sektors so gestalten, dass die Transaktionskosten für Bürger und Unternehmen deutlich gesenkt würden. Das hilft nicht zuletzt beim Bürokratieabbau. In Österreich ist die „Austrian Public Service Blockchain“ (APSBC) bereits seit Oktober 2019 in Betrieb.

Strom-Sharing

Strom wird üblicherweise über Konzerne eingekauft. Dezentrales „Strom-Sharing“ könnte das ändern. Da Strom immer mehr auch in pri­va­ten An­la­gen (Fo­to­vol­ta­ik) pro­du­ziert und nach De­ckung des Ei­gen­be­darfs in das öf­fent­li­che Strom­netz ein­ge­speist wird, könnten lo­ka­le Ver­brau­cher den Strom di­rekt kau­fen. Der zunehmend regenerativ und dezentral erzeugte Ökostrom könnte so auf di­rek­tem Weg zum Ver­brau­cher kommen. Der Ver­brau­cher weiß verlässlich und ohne relevante Zusatzkosten, wo sein Strom her­kommt, wer ihn wo und wie pro­du­ziert. Durch die de­zen­tra­le Er­zeu­gung des Stroms und den Ver­brauch vor Ort rech­net man au­ßer­dem mit re­du­zier­ten Netz­nut­zungs­ent­gel­ten und sin­ken­den Kos­ten für das Strom­netz.  Die Strom­ver­sor­gung soll in­tel­li­gent, nach­hal­tig und trans­pa­rent ge­macht wer­den und das Strom­netz zu­sätz­lich durch Block­chain sta­bi­li­siert wer­den. Dieses Prinzip lässt sich im Übrigen nicht nur für die Stromversorgung privater oder gewerblicher Gebäude nutzen, sondern beispielsweise auch beim Aufladen von Elektroautos.

Umwelt und Klima

Blockchains haben laut einer Untersuchung des Wuppertal Instituts ein enormes Potenzial für den Umwelt- und Klimaschutz. Neuere Blockchain-Methoden verbrauchen für ihre Rechenleistung beispielsweise deutlich weniger Ressourcen und Energie als die Methoden der ersten Generation, wie sie etwa bei der Kryptowährung Bitcoin zum Einsatz kommen. Diese neueren Verfahren sind in den meisten Anwendungsfällen zudem genauso leistungsfähig wie die Methoden der ersten Generation. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Blockchains nachhaltig gestalten“ des Wuppertal Instituts, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) beauftragt wurde. Die technologiebedingten hohen Energie- und Ressourcenverbräuche der Blockchains der ersten Generation können vermieden werden. Alternative Ansätze versprechen einen drastisch reduzierten Aufwand und sind in ihrer Umweltwirkung mit allgemeinen digitalen Systemen wie Datenbanklösungen vergleichbar.

 

Veröffentlicht am 11.04.22

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