Was steckt hinter den „Releases“ bei 5G?

16. September 2024
  • Das Standardisierungsgremium 3GPP veröffentlicht die technischen Spezifikationen für Mobilfunknetze wie 4G und 5G als sogenannte „Releases“ (englisch für „Veröffentlichungen“).
  • Die Hersteller von Endgeräten und Netzinfrastruktur sowie auch die Mobilfunknetzbetreiber orientieren sich bei der technischen Umsetzung an den jeweils bereits erschienenen Releases. Dabei werden die Funktionen aus älteren Releases in der Regel früher realisiert als die aus späteren Releases.
  • Die technischen Grundlagen von 5G wurden im 3GPP-Release 15 definiert. In den Releases 16, 17 und (aktuell noch in Arbeit) 18 werden Verbesserungen und Verfeinerungen beschrieben.

Wenn es um die technischen Spezifikationen des Mobilfunkstandards 5G geht, ist häufig die Rede von „Release 15“, „Release 16“ oder einer noch höheren Nummer. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Schritte oder Zwischenstände der Standardisierung. Aber was steckt genau dahinter?

Ein so komplexer technischer Standard wie die Mobilfunk-Spezifikationen unterliegt ständiger Weiterentwicklung. Die Hersteller von Endgeräten und Netzinfrastruktur orientieren sich an den einzelnen Entwicklungsschritten, die in den jeweils veröffentlichten Releases beschrieben sind. Dabei werden die Funktionen aus älteren Releases in der Regel früher realisiert als die aus späteren Releases. So haben Standardisierungsgremien, Endgeräte- und Infrastruktur-Hersteller und auch die Netzbetreiber die Möglichkeit, neue Technologien zeitnah auf dem Markt anzubieten, ohne die Fertigstellung aller Weiterentwicklungen abwarten zu müssen, die von den Ingenieuren mittel- und langfristig geplant wurden. Das bedeutet aber umgekehrt auch, dass nicht alles, was mit 5G in Zukunft einmal möglich werden wird, von Anfang an in den Mobilfunknetzen bereitstehen konnte.

Im Übrigen kann die Weiterentwicklung von Mobilfunk-Spezifikationen auch einen „Generationensprung“ zur Folge haben. Zählte zum Beispiel „Release 14“ noch zur vierten Generation (4G/LTE), beschrieb „Release 15“ zum ersten Mal die fünfte Mobilfunk-Generation, also 5G. Die einzelnen Releases bauen dabei aufeinander auf – Release 16 definiert also Weiterentwicklungen, die auf Release 15 basieren und so weiter.

 

Mit Release 15 startete die Entwicklung von 5G

Zuständig für die Spezifikation von Mobilfunkstandards ist das Gremium 3GPP (Third Generation Partnership Project). Wie der Name noch andeutet, wurde dieser Industrieverband zu der Zeit gegründet, als gerade die Standardisierung von 3G beziehungsweise UMTS auf der Agenda stand – nämlich 1998. Mitglieder dieses Gremiums sind Mobilfunknetzbetreiber, Hersteller von Mobilfunktechnik sowie auch Regulierungsbehörden. Außerdem sind auch andere Organisationen wie das ETSI (European Telecommunication Standards Institute) und seine Pendants aus anderen Weltregionen im 3GPP vertreten.

Seit seiner Gründung veröffentlicht das 3GPP regelmäßig technische Spezifikationen für den Mobilfunk und zählt diese „Releases“ (englisch für „Veröffentlichungen“) seither immer weiter.

So wurde im Dezember 2017 mit dem „Release 15“ zum erste Mal die technische Grundlage für den seinerzeit kurz vor Markteinführung stehenden 5G-Standard veröffentlicht. Diese erste Fassung der Spezifikationen konzentrierte sich auf „5G Non-Standalone“ (5G NSA), also die Variante von 5G, die noch auf die Zusammenarbeit mit einem 4G/LTE-Kernnetz angewiesen ist. Beschrieben wurden außerdem schon die Grundzüge des Übertragungsstandards 5GNR (5G New Radio), von für 5G weiterentwickelten MIMO-Antennen (Multiple Input, Multiple Output) sowie weitere Details der Netz- und Endgeräte-Architektur von 5G.

Im Juni 2018 folgte eine zweite „Phase“ von Release 15, die insbesondere die Netzarchitektur „5G Standalone“ (5G SA) ergänzte. Diese Veröffentlichung spezifiziert, wie ein 5G-Netz aufgebaut ist, das ohne gemeinsame Komponenten mit einer 4G-Infrastruktur auskommt. Netzinfrastruktur auf Basis von 5G Standalone wird in Deutschland schrittweise seit 2023 realisiert.

 

Releases 16, 17, 18: Weiterentwicklung Schritt für Schritt

Tatsächlich ist auch die Veröffentlichung eines einzelnen Releases zeitlich in mehrere Schritte unterteilt. Zuerst legt das Standardisierungsgremium die Inhalte fest, die berücksichtigt werden sollen. Dann erfolgen ein oder mehrere technische „Freezes“, in denen die technischen Parameter und Spezifikationen „eingefroren“ werden. In der Zwischenzeit tagen die zuständigen Arbeitsgruppen der oben genannten Gremien und schließlich die übergeordneten Organisationen und verabschieden die Ergebnisse einzelner Arbeitspakete. Am Ende des Prozesses steht dann die Veröffentlichung der kompletten Spezifikation, also des jeweils erarbeiteten „Releases“.

Nach diesem Verfahren folgte im Juni 2020 die Veröffentlichung von Release 16. Hier wurden die notwendigen Funktionen für 5G-Campusnetze spezifiziert und weitere Technologiebausteine, die perspektivisch in diesen Campusnetzen, aber auch im öffentlichen 5G-Netz eingesetzt werden sollen – insbesondere das sogenannte „Network Slicing“.

Bedingt durch die Corona-Pandemie wurden die Arbeiten an Release 17 mehrfach unterbrochen und schließlich eingefroren. Die von den Entwicklungsingenieuren erreichten Eckpunkte wurden schließlich Mitte 2022 veröffentlicht, wobei einige Entwicklungen auf Release 18 verschoben wurden. Zu den wichtigsten Aspekten von Release 17 zählen verbesserte Stromsparfunktionen im Netz und bei den Endgeräten, Verbesserungen bei 5G-Multicast (Übertragung eines Datenstroms an mehrere Endgeräte, etwa in Sportstadien) sowie Weiterentwicklungen bei Network Slicing, Edge Computing, der Standortbestimmung von Endgeräten und der Unterstützung von Multi-SIMs. Weitere Schwerpunkte liegen auf IoT-Anwendungen, insbesondere durch „5G RedCap“. Außerdem legt Release 17 Grundlagen für sogenannte „Non-Terrestrial Networks“, kurz NTN – also die Einbeziehung von Satellitenübertragungen in 5G-Netze.

 

Wie geht es weiter?

Derzeit arbeitet das 3GPP an Release 18. Die Veröffentlichung soll noch im Lauf des Jahres 2024 erfolgen. Viele der darin festgeschriebenen Bausteine werden schon zu Netzarchitekturen führen, die als „5G Advanced“ bezeichnet werden. Zu den wichtigsten Schwerpunkten zählen hier erweiterte Funktionen für Extended Reality (XR), also Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR). Der Standard legt zudem Grundlagen für die automatische Optimierung von Netzinfrastrukturen mithilfe Künstlicher Intelligenz beziehungsweise Machine Learning. In Edge Computing sollen im Rahmen einer „Phase 2“ weitere Verbesserungen einfließen. Und auch viele andere Bestandteile des 5G-Standards sollen im Rahmen von Release 18 weiterentwickelt werden, unter anderem 5G-Ortungsdienste, Network-Slicing, die Standalone-Architektur, 5G-Multicasting, NTN, Schutzmaßnahmen für die Privatsphäre der Anwender und einiges mehr.

Für Release 18, an dem derzeit noch gearbeitet wird, ist ein umfangreiches inhaltliches Programm vorgesehen.

 

Auch Release 18 wird nicht das Ende der Mobilfunkentwicklung und voraussichtlich auch noch nicht der 5G-Spezifikationen sein. Für Release 19 und Release 20 hat das Gremium zumindest schon Zeitpläne und grobe Arbeitsschwerpunkte veröffentlicht. Auf den entsprechenden Übersichten finden sich Schlagworte wie Metaverse, Femtozellen, Nutzung von Mobilfunksignalen als Sensoren (Integrated Sensing and Communication). Dabei werden diese weiteren technischen Entwicklungsschritte auch schon die ersten Vorbereitungen für den etwa 2030 erwarteten 6G-Standard darstellen.

Veröffentlicht am 16.09.2024

Detailinformationen beim 3GPP

Die – allerdings sehr technisch orientierten – Mobilfunk-Spezifikationen sind öffentlich zugänglich. Das 3GPP informiert darüber auf seiner Website

The 3GPP’s System of Parallel Releases

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