Wie weit ist das autonome Fahren in Deutschland?

11. Juli 2024
Test eines autonom fahrenden LKWs auf einer Autobahn
    • Erster Test für autonom fahrende Nutzfahrzeuge auf der Autobahn 9 gestartet.
    • Umfassende Sicherheitsmaßnahmen begleiten den Test: Fernüberwachung, Sensoren sowie ein Sicherheitsfahrer.
    • Informationsaustausch über 5G in Echtzeit: Fahrzeuge müssen sowohl untereinander als auch mit der Umgebung kommunizieren.

Das autonome Fahren ist ein Szenario, an dem Fahrzeughersteller seit Jahren arbeiten. Die Vision, dass der Straßenverkehr in naher Zukunft vollständig automatisch funktioniert, rückt allerdings weiter in die Ferne. Assistiert, teilautomatisiert, hochautomatisiert, vollautomatisiert, autonom: Diese Begriffe beschreiben die Stufen auf dem Weg zum autonomen Fahrzeug. Auf dem Weg dahin sind bereits einige Hürden genommen: assistiertes sowie teilautomatisiertes Fahren sind heute mit vielen Fahrzeugen möglich, beim hochautomatisierten Fahren gibt erste Lösungen.

 

Automatisiertes Fahren auf der Autobahn 9

In Deutschland gibt es auf einem Teilstück der Autobahn 9 eine Teststrecke für autonom fahrende Fahrzeuge. Diese Autobahn bietet aufgrund ihrer sechs Spuren und der unmittelbaren Nähe zu wichtigen Auto- und Nutzfahrzeugbauern ideale Bedingungen für solche Tests. Der Nutzfahrzeughersteller MAN testet dort seit April 2024 autonom fahrende Lastwagen. Der Pendelverkehr zwischen zwei Logistik-Punkten an der Autobahn soll bis Ende des Jahres getestet werden.

MAN hat im April 2024 als erster Nutzfahrzeughersteller einen autonomen Lkw auf die rund zehn Kilometer lange Strecke auf der A9 zwischen den Anschlussstellen Allershausen und Fürholzen geschickt. Als erster Nutzfahrzeughersteller hat MAN eine Level-4-Erprobungsgenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes auf Basis des Gesetzes zum autonomen Fahren auf deutschen Autobahnen erhalten.

 

Technische Details und Sicherheitsmaßnahmen: Fernüberwachung, Sicherheitsfahrer und Sensoren

MAN hat das Testfahrzeug zusammen mit den Zulieferern Bosch, Knorr-Bremse, Leoni, dem TÜV Süd und weiteren Partnern entwickelt und auf dem werkseigenen Testgelände erprobt. Für die Testfahren gelten umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. Es gibt eine Fernüberwachung, die die autonomen Trucks von einem Kontrollzentrum aus überwacht. Die Mitarbeiter können im Notfall eingreifen und das Fahrzeug steuern oder bremsen. Außerdem sitzt zusätzlich ein Sicherheitsfahrer im Fahrzeug, der ebenfalls jederzeit eingreifen kann. Das Testfahrzeug ist mit diversen Sensoren und einem GPS-System ausgestattet, die ständig den Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern messen und die Umgebung überwachen.

 

Informationsaustausch über 5G in Echtzeit

Die Nutzung von 5G ermöglicht eine sogenannte Vehicle-to-Everything-Kommunikation (V2X), damit ist der Austausch von Informationen und Daten zwischen einem Fahrzeug und seiner Umgebung gemeint. Das können andere Fahrzeuge, Infrastruktur und Systeme wie Ampeln oder Parkplätze sein. Der Vorteil: Fahrzeuge können mit ihrer Umgebung kommunizieren, Echtzeitinformationen austauschen und Entscheidungen treffen. Für das autonome Fahren ist V2X eine elementare Technologie, denn was dort an menschlicher Kommunikation und Know-how verschwindet, muss vom Fahrzeug übernommen werden. Das heißt, beim autonomen Fahren müssen die Fahrzeuge Entscheidungen treffen, untereinander kommunizieren und kooperieren.

 

Hohes Einsparpotential im Frachtverkehr

Das Frachtvolumen und besonders Transporte zwischen Logistikzentren wachsen stetig. Der Einsatz autonomer Lkw ist für den Einsatz zwischen solchen Zentren besonders geeignet: Sie können rund um die Uhr fahren und sind effizient im Verbrauch. Lenkzeitpausen entfallen, die Fahrzeuge lassen sich damit perfekt in eng getaktete Logistikabläufe integrieren. Auch den Fahrermangel kann die neue Technologie abmildern, bereits heute fehlen in Deutschland bis zu 100.000 Lkw-Fahrer.

 

Vorteile und Herausforderungen des autonomen Fahrens
  • Effizienzsteigerung: Autonome Lkw können rund um die Uhr fahren, ohne Ruhepausen einlegen zu müssen, dies könnte die Gesamtbetriebskosten senken.
  • Sicherheit: Autonome Fahrzeuge werden nicht müde und können präzise gesteuert werden, was perspektivisch die Verkehrssicherheit erhöht.
  • Logistikoptimierung: Der Einsatz in Logistik-Zentren ermöglicht eine nahtlose Integration in bestehende Logistikprozesse.

 

Trotz dieser Vorteile gibt es noch viele Herausforderungen:
  • Technologische Komplexität: Die Entwicklung der notwendigen Technologie ist komplex und erfordert umfangreiche Tests und Anpassungen.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Die rechtliche Regulierung muss ständig an die Ist-Situation angepasst werden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.
  • Mischverkehr: In den kommenden Jahren werden teil-autonome, autonome und konventionelle Fahrzeuge im Mischverkehr unterwegs sein, was zusätzliche Herausforderungen für die Verkehrssicherheit darstellt.

 

Gesetzlicher Rahmen bietet Grundlage

Deutschland hat in den letzten Jahren Fortschritte im Bereich des autonomen Fahrens erzielt. Dabei spielen rechtliche Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. Bereits 2021 wurde ein Gesetz zum autonomen Fahren verabschiedet, das den Einsatz von autonomen Fahrzeugen der Stufe 4 auf fest definierten Strecken erlaubt. Dies legt den Grundstein für umfangreiche Tests im realen Verkehr.

Dennoch wird es noch einige Jahre dauern, bis vollständig autonome Fahrzeuge im regulären Straßenverkehr eingesetzt werden können. Der Serienstart für autonome Lkw von MAN wird momentan für das Jahr 2030 erwartet. Bis dahin werden kontinuierlich Tests und Weiterentwicklungen stattfinden, um die Technologie zu optimieren und die Sicherheit zu gewährleisten.

Veröffentlicht am 11.07.2024

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