Vermittlung von Medienkompetenz auf Augenhöhe

27. Mai 2024
    • Sogenannte Peer-Projekte wie „Netzgänger 3.0“ setzen auf die Vermittlung von Medienkompetenz durch Gleichaltrige oder etwas ältere Jugendliche. Denn diese genießen bei Schülerinnen und Schülern ein besonders hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Authentizität.
    • Die Multiplikatoren oder „Peers“ vermitteln in eintägigen Workshops Inhalte zu den Themen Cybermobbing, virtuelle Spielewelten, soziale Netzwerke und cleveres Verhalten im Netz. Dazu bereitet sie der Verein Condrobs e.V. auf die Durchführung des Workshops gezielt vor. Begleitend werden auch die Lehrerinnen und Lehrer geschult und die Eltern im Rahmen eines Elternabends mit einbezogen.
    • Das Projekt wird an bayerischen Schulen angeboten und dort als Präventionsmaßnahme von der Techniker-Krankenkasse finanziell unterstützt. Für Bewohner anderer Bundesländer gibt es vergleichbare Angebote und Projekte.

Dass die Vermittlung von Medienkompetenz an Jugendliche heute wichtiger denn je ist, steht außer Frage. Sogenannte Peer-Projekte setzen dazu auf die Weitergabe von Wissen auf Augenhöhe. Das Konzept geht davon aus, dass Gleichaltrige oder etwas ältere Jugendliche ein besonders hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Authentizität erzielen können.

Bei dem Projekt „Netzgänger 3.0“ sollen Schülerinnen und Schüler lernen, wie man sich smart im Netz verhält und wie man sich vor digitalen Angriffen schützen kann. Dazu werden ältere Schüler zu Multiplikatoren („Peers“) ausgebildet, die den jüngeren Schülerinnen und Schülern Inhalte zu den Themen Cybermobbing, virtuelle Spielewelten, soziale Netzwerke und cleveres Verhalten im Netz vermitteln.

Hinter der Organisation und Umsetzung von „Netzgänger 3.0“ steht der Verein Condrobs e.V. Er leistet seit 50 Jahren soziale Arbeit in der Beratung, Prävention, Sucht- und Wohnungslosenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie Migrationsarbeit.

In der jüngsten Folge unseres Podcasts „MobilfunkTalk“ sprechen wir mit Patrick Hey, Projektleiter dieses Peer-Projekts.

 

FOKUSTHEMEN: CYBERMOBBING, VIRTUELLE SPIELEWELTEN, SOZIALE NETZWERKE ODER „SMART IM NETZ“ 
Er erklärt, warum der Peer-Ansatz und die Durchführung entsprechender Workshops an Schulen so erfolgreich sind: Die Nutzung von Internet und sozialen Medien zählen für Schülerinnen und Schüler zu deren Alltag. Da somit auch sehr private Aspekte von der Mediennutzung betroffen sind, fühlen sich Jüngere wohler, wenn sie mit in etwa Gleichaltrigen über diese Nutzung und damit gegebenenfalls verbundene Probleme sprechen können. Deutlich Ältere wie Eltern oder Lehrer laufen hingegen Gefahr, als nicht genügend kompetent und glaubwürdig zu diesen Themen betrachtet zu werden. Die Schule ist überdies der ideale Ort für solche Angebote, denn wie Patrick Hey es formuliert: „Dort erwischen wir alle.“

Als „Peers“ werden typischerweise Schüler der 9. Klasse eingesetzt. Sie vermittelt Wissen und Kompetenzen, dann an Schülerinnen und Schülern aus der 5. oder 6. Klasse. Dabei stehen weniger technische Informationen im Fokus, sondern vielmehr mögliche Gefahren, beispielsweise in sozialen Netzwerken oder bei PC-Spielen, und Möglichkeiten zu finden, damit gut umzugehen. Patrick Hey weiß: „Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in dieser Klassenstufe besitzt bereits ein Smartphone.“ Deshalb seien Hilfestellungen beim Umgang damit bereits in dieser Altersstufe sehr sinnvoll.

Jeder Peer entscheidet sich für eines der vier Module Cybermobbing, virtuelle Spielewelten, soziale Netzwerke oder „Smart im Netz“ und wird durch Condrobs e.V.  auf die Durchführung eines eintägigen Workshops zum jeweiligen Thema vorbereitet. Zusätzlich gibt es eine Fortbildung für Lehrer, sodass die Schulen das Projekt später in Eigenregie umsetzen und weiterführen können. Ein Elternabend bindet zudem die Eltern der Peers und der Fünft- und Sechstklässler ein und erklärt allen Beteiligten die Vorgehensweise.

 

BEWUSST, ABER AUCH ENTSPANNT MIT DER MEDIENNUTZUNG DER KINDER UMGEHEN

Gerade gegenüber den Eltern wirbt Projektleiter Patrick Hey für einen bewussten, aber auch entspannten Umgang mit der Nutzung digitaler Medien: „Vor fünfzehn Jahren hat ein Kind zum Beispiel Musik auf einem MP3-Player gehört. Danach wäre es in die Fußgängerzone zum Einkaufen gegangen, hätte dann vielleicht eine Stunde lang ein Buch gelesen und danach noch mit Freunden telefoniert. Das wäre als total ausgeglichenes Verhalten eingeschätzt worden. Heute kann man all dies von einem einzigen Gerät aus machen – einkaufen, lesen, Musik hören, telefonieren. Wenn der Fokus auf das Gerät gerichtet ist statt auf die damit ausgeführten Tätigkeiten, wird schnell eine Medienabhängigkeit befürchtet, wo tatsächlich gar keine ist – sondern völlige Normalität.“

Das Projekt findet bei den Schülerinnen und Schülern großen Anklang und stärkt die Teilnehmenden beim Umgang und auch möglichen Problemen rund um die Nutzung digitaler Medien. Eine wissenschaftliche Begleitung fand in Zusammenarbeit mit der Universität Bamberg statt. In der dort durchgeführten Studie „Motive und Internet“ ging es darum, aus welchen Motiven Jugendliche das Internet nutzen und ob es einen Zusammenhang zwischen der Motivlage und risikohaftem Gebrauch von PC und Internet gibt. Erkenntnisse aus der Evaluation des Projekts flossen auch in dessen Weiterentwicklung mit ein.

 

ENTSCHEIDEND IST DIE FINANZIERUNG

Das Projekt wird an bayerischen Schulen angeboten und dort als Präventionsmaßnahme von der Techniker-Krankenkasse finanziell unterstützt. Informationen zu Netzgänger 3.0 finden sich im Internet unter www.netzgaenger.org, der Verein Condrobs e.V. ist unter www.condrobs.de zu finden. Bewohner anderer Bundesländer verweist Patrick Hey auf Projekte wie „Medienscouts“ oder „Netzpiloten“.

Prinzipiell könne Patrick Hey Schulen raten, sich beispielsweise an Krankenkassen zu wenden und unter Verweis auf das Präventionsgesetz und das darin vorgesehene „nichtbetriebliche Setting“ gegebenenfalls Mittel zu beantragen. Denn es mangele in der Regel „nicht an Konzepten und Ideen, sondern vor allem an deren Finanzierung“.

Veröffentlicht am 27.05.2024

Auf allen wichtigen Podcast-Plattformen vertreten

Das rund 25-minütige Gespräch mit Patrick Hey haben wir in der neuesten Folge unseres Podcasts MobilfunkTalk veröffentlicht.
Sie finden ihn auf allen einschlägigen Podcast-Plattformen Podcasts – Informationszentrum-Mobilfunk

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