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Herausforderungen bei Elektroschrott und Recycling

27. März 2024
  • In Deutschland wird insgesamt zu wenig Elektroschrott gesammelt und recycelt. Vor allem beim Recycling von Smartphones und anderen Elektrokleingeräten gibt es noch viel Luft nach oben. Statt Altgeräte in Schubladen zu sammeln, sollten sie dem Recycling zugeführt werden.
  • Die in Elektronikgeräten enthaltenen seltenen Erden und anderen Rohstoffe können zurückgewonnen werden – so reduzieren sie die Abhängigkeit von den bisweilen politisch unsicheren Ländern, die solche Stoffe exportieren.
  • Entsprechende Geräte können über den Handel, die Mobilfunknetzbetreiber oder Wertstoffhöfe zurückgegeben werden. Hier sollten Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt nach dem richtigen Sammelkanal fragen. Zudem fordert der bvse ein „Design for Recycling“ – beispielsweise den Verzicht auf fest verbaute Akkus in Smartphones.

Insgesamt wird in Deutschland zu wenig Elektroschrott gesammelt und recycelt. Für das Jahr 2022 berichtet der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) von einem geringeren Aufkommen an Altgeräten gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere in der Sammelgruppe 5 – das sind Kleingeräte, zur der auch Smartphones gehören – gingen die Mengen um rund 30 Prozent zurück.
Gleichzeitig ist der illegale Export von Elektroschrott nach wie vor ein drängendes Problem. Und die in vielen Geräten fest verbauten Akkus haben in Recyclingbetrieben große Sicherheitsrisiken zur Folge.

Über diese Themen sprechen wir in der jüngsten Folge unseres Podcasts „MobilfunkTalk“ mit Andreas Habel, Referent beim bvse.

Wie können die Recyclingziele der EU in Deutschland erreicht werden, wie lässt sich das Sammeln effizienter organisieren, und was können Smartphone-Hersteller künftig besser machen?

Beim Recycling von Elektroaltgeräten gibt es noch viel Luft nach oben

„Technisch ist Deutschland beim Recycling sehr gut aufgestellt“, stellt Andreas Habel fest – insbesondere, wenn es um das Recycling von Metallrohstoffen gehe wie Eisen, Aluminium und Kupfer, wo Rückgewinnungsraten von 80 bis 90 Prozent erreicht werden. Verbesserungsbedarf gebe es aber im Bereich der sogenannten seltenen Erden – Metalle wie Neodym, Kobalt oder Germanium. Hier gelte es, die Recyclingquoten zu steigern, denn dies sind die Stoffe, bei denen hohe Abhängigkeiten gegenüber den Ländern bestehen, die solche Stoffe exportieren. Zumal es sich dabei häufig um politisch unsichere Länder handelt.

Diese Stoffe sind in gebrauchten Smartphones enthalten – wenn auch nur in Spuren. Doch wenn es gelinge, die Sammelquoten bei solchen Geräten deutlich zu steigern, könnten auch diese seltenen und wertvollen Rohstoffe in größeren Mengen zurückgewonnen werden. Hinzu kommen 250 Milligramm Silber, 25 Milligramm Gold, 15 Milligramm Kupfer und 10 Milligramm Palladium, die im Durchschnitt in einem Smartphone stecken. „Deshalb ist das einzelne Gerät nicht sehr viel wert – aber in der Summe macht es sehr viel aus“, so Experte Habel.

Über kommunale Sammelstellen werden laut der jüngsten verfügbaren Statistiken rund 520.000 Tonnen Elektroschrott im Jahr gesammelt, über den Handel rund 75.000 Tonnen.

Um die Sammelquoten zu erhöhen, sieht Andreas Habel Bedarf an einem verbrauchernahen Rücknahmenetz. Die Abgabe von Altgeräten müsse möglichst einfach gemacht werden. So wüssten beispielsweise die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher gar nicht, dass sie Elektroaltgeräte auch beim Handel zurückgeben können – selbst, wenn sie dort nicht im Gegenzug ein Neugerät kaufen. Wichtig seien Information und Bewusstseinsbildung. „Heute ist es für jeden selbstverständlich, das Altglas zu einem Rücknahmecontainer zu bringen“, so der bvse-Experte. „Genauso selbstverständlich muss es in Zukunft auch werden, Elektroaltgeräte abzugeben.“

Alte Smartphones recyclen, statt sie in Schubladen zu sammeln

Geschätzt rund 200 Millionen alte Smartphones fristen ihr Altenteil in Schubladen – und damit viel zu viele. Neuwertige Geräte kann man natürlich über Ankaufsplattformen zu Geld machen. Doch ältere Geräte, die dort keine nennenswerten Zahlungen mehr erzielen, gehören in die Rücknahmesysteme.

Ein weiteres Problem sind illegale Exporte defekter Altgeräte in Entwicklungsländer. Dies ist verboten, doch nach Schätzungen des Umweltbundesamts wandern circa 150.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr illegal über die Grenzen. Die darin enthaltenen Wertstoffe sind verloren, aber wesentliche schlimmer ist noch die Belastungen und Risiken für Menschen und Umwelt, die in den Zielländern durch das dortige „Recycling“ unter höchst fragwürdigen Bedingungen entsteht.

Aber auch beim korrekten Recycling hierzulande stellen die in Smartphone fest verbauten Lithium-Akkus eine große Herausforderung dar. Fast täglich komme es durch falsche Entsorgung auf einem Recyclinghof oder in einer Recyclinganlage zu Bränden. Elektrogeräte mit fest eingebauten Akkus müssen bei entsprechenden Sammelstellen in die dafür vorgesehenen Behälter beziehungsweise Entsorgungskanäle einsortiert werden. Bürgerinnen und Bürger, die entsprechende Geräte auf einem Wertstoffhof abgeben, sollten die Mitarbeitenden dort gezielt nach der richtigen Einsortierung fragen. Im gelben Sack oder der Reststofftonne haben Altgeräte und Akkus grundsätzlich nichts verloren.

bvse fordert „Design for Recycling“

Darüber hinaus wirbt der bvse dafür, dass die Akkus in Smartphones und anderen Geräten entnehmbar sein müssen. Eine einfache Entnahme würde die Probleme beim Recycling und der Einsortierung deutlich entschärfen. Das Stichwort hierzu lautet „Design for Recycling“. Zudem würde ein einfacherer Akkutausch auch die längere Nutzung eines Smartphones begünstigen.

Denn besser noch als Recycling sei die Weiter- oder Wiedernutzung der Geräte. Kundinnen und Kunden könnten die Anschaffung eines Nachfolgergeräts etwas länger hinauszögern, Hersteller und Netzbetreiber können gut erhaltene Gebrauchtgeräte als „Refurbished“-Modelle anbieten. „Je länger wir ein Gerät nutzen“, so Andreas Habel, „umso besser seine Ökobilanz. Man sollte sich immer die Frage stellen, ob es auch eine Alternative zum Neukauf gibt.“

In Richtung Politik wünscht sich der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung klare Regelungen für die geordnete Annahme von Altgeräten, ein gesetzliches Verbot der Konstruktion fest verbauter Akkus inklusive klarer Kennzeichnung akkubetriebener Geräte, eine intensivere Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher über die Umweltaspekte bei der Entsorgung von Elektroschrott sowie eine Pfandpflicht vor allem für größere Akkus wie beispielsweise E-Bike-Akkus. Auch das bereits auf den Weg gebrachte Recht auf Reparatur sei ein wichtiger und begrüßenswerter Schritt.

Um zu einer wirklich funktionieren Kreislaufwirtschaft zu kommen, müssten die angesprochenen Probleme dringend gelöst werden. Dazu bräuchten Recyclingwirtschaft und Märkte geeignete Rahmenbedingungen. „Warum zum Beispiel nicht die Hersteller belohnen, die ganz gezielt Sekundärrohstoffe in ihren Produkten einsetzen?“ schlägt Andreas Habel vor.

Veröffentlicht am 27.03.2024

Auf allen wichtigen Podcast-Plattformen vertreten

Das rund 20-minütige Gespräch mit Andreas Habel haben wir in der neuesten Folge unseres Podcasts MobilfunkTalk veröffentlicht.
Sie finden ihn auf allen einschlägigen Podcast-Plattformen www.informationszentrum-mobilfunk.de/mediathek/podcasts.

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