In Schwellen- und Entwicklungsländern erlaubt die Mobilfunktechnologie oft erst den Aufbau funktionierender Kommunikationsverbindungen – vor allem in entlegenen Regionen. In diesem Kontext können Mobiltelefone den sozialen, politischen und ökonomischen Fortschritt unterstützen und beschleunigen.
Gerade in den Entwicklungsländern haben sich Mobiltelefone in den vergangenen Jahren rasant verbreitet. Nach Angaben der Internationalen Fernmeldeunion ITU lebten im Jahr 2014 insgesamt 78 Prozent der weltweiten Handynutzer in Schwellenländern. Die größten Wachstumsmärkte liegen in den afrikanischen Ländern und im asiatisch-pazifischen Raum, wo die ITU Ende 2014 eine Mobilfunk-Durchdringungsrate von 69 Prozent bzw. 80 Prozent erwartete. Insbesondere die Möglichkeit, zu verhältnismäßig günstigen Preisen im Internet zu surfen, treibt die Mobilfunknutzung in Schwellen- und Entwicklungsländern an. Denn dort sind mobile Internetanschlüsse deutlich günstiger als stationäre Anschlüsse (Quelle: ITU, „The World in 2015: Facts and Figures“).
Mobile Kommunikation überbrückt fehlende Infrastrukturen
Vor diesem Hintergrund stellen mobile Kommunikationstechnologien heute ein wichtiges Instrument zur Entwicklungshilfe dar. Das Handy kann in entlegenen Gegenden fehlende Infrastrukturen überbrücken und ermöglicht den Menschen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen. Eine aktuelle Studie von Opera Mediaworks zeigt, dass knapp 58 Prozent der Internetnutzer in Afrika per Mobilgerät ins Netz gehen und Online-Dienste nutzen.
Inzwischen haben sich eine Reihe mobiler Anwendungen etabliert, etwa das Handy-Bezahlsystem M-Pesa, das von dem kenianischen Mobilfunkunternehmen Safaricom in Kooperation mit Vodafone entwickelt und 2007 in Kenia eingeführt wurde. Um eine Überweisung zu tätigen, muss man zuerst in einem Safaricom-Geschäft Geld auf ein virtuelles Konto einzahlen. Anschließend kann die gewünschte Summe zusammen mit einem persönlichen Code via SMS verschickt werden. Der Empfänger kann sich dann in einem Safaricom-Geschäft den Betrag auszahlen lassen.
Mittlerweile steht das System auch in Indien, Ägypten, Südafrika, Lesotho, Kongo, Mosambik und Tansania zur Verfügung. Gerade in Afrika ermöglicht dieser Dienst vielen Menschen den Zugang zu Finanzdienstleistungen, denn knapp ein Drittel (34 Prozent) der afrikanischen Bevölkerung verfügt über ein traditionelles Bankkonto, jedoch verwenden bereits mehr als 10 Prozent der über 15-Jährigen virtuelle mobile Bankkonten. In Ländern wie Somalia, Tansania, Uganda und Zimbabwe ist diese Form des Mobile Banking sogar stärker verbreitet als die Nutzung traditioneller Bankkonten. (Quelle: The World Bank 2015).
2014 etablierte Vodafone M-Pesa auch in Europa – die Zielgruppe sind vor allem Bewohner ländlicher Gebiete mit wenig Bankfilialen und Geldautomaten. Als Testmarkt dient Rumänien. Weltweit nutzen derzeit rund 19,5 Millionen Menschen den mobilen Bezahldienst.
In Ghana unterstützt der mobile Dienst Farmerline Landwirte und Fischzüchter dabei, ihre Erträge und Gewinne zu steigern, indem er ihnen nützliche Informationen bereitstellt, die per SMS auf das Handy geschickt werden. Da viele Bauern in ländlichen Regionen Analphabeten sind, versendet Farmerline auch Sprachnachrichten in fünf lokalen Sprachen. Das Themenspektrum reicht von Wettervorhersagen über Tipps zu Haltung und Fütterung von Tieren bis hin zu Vermarktung und Buchhaltung. Die App MedAfrica bietet medizinische Beratung und hilft bei der Suche nach Ärzten und Krankenhäusern. Die Anwendung soll dazu beitragen, Krankheiten rechtzeitig zu erkennen und ihre Gefahr besser einschätzen zu können. Darüber hinaus sollen Nutzer mit der Anwendung gefälschte Medikamente erkennen können.
Mit dem Handy gegen Analphabetismus
Nicht zuletzt lässt sich mit der zunehmenden Verbreitung von Mobiltelefonen auch dem Analphabetismus in Entwicklungsländern entgegenwirken. Der Report „Reading in the Mobile Era“ der UN-Bildungsorganisation UNESCO kommt zu dem Schluss, dass Handys gerade in Ländern, in denen die Bewohner kaum Bücher besitzen, eine wichtige Motivation zum Lesen darstellen: Viele Einwohner würden durch ihr Mobiltelefon angeregt, die Geräte ebenfalls zum Lesen zu nutzen. An der UNESCO-Studie nahmen 4.000 Menschen aus den Ländern Äthiopien, Ghana, Indien, Nigeria, Pakistan, Uganda und Simbabwe teil. Befragt wurden Leute, die eine App von Worldreader nutzen. Die Non-Profit-Organisation stellt in Entwicklungsländern E-Books und die Bibliotheken-App biNu für Mobiltelefone zur Verfügung.